Wer darf Land besitzen?

Das finnische Parlament hat weder mit der Verabschiedung des Gesetzes zum Sami-Parlament (1996) noch mit einer entsprechenden Ergänzung im Grundgesetz, in keinerlei Weise zu Fragen des Landrechts Stellung genommen, da Streitfragen bezüglich des Landrechts im finnischen Rechtssystem in der Regel nur von Gerichten entschieden werden. Die Anerkennung der Sami als Urbevölkerung Finnlands entscheidet nicht über die Frage, inwieweit andere Bevölkerungsgruppen Rechte haben oder diese ihnen zustehen. Die Einhaltung des ILO-Vertrags setzt nicht voraus, dass anderweitige Landnutzungen auch von Dritten ausgeschlossen sind. Dessen ungeachtet sichert die aktuelle Gesetzgebung den Sami schon jetzt vielfältige Erwerbstätigkeitsrechte zu, sowohl auf den traditionell samischen als auch auf den staatlichen Ländereien. Gemäß dem finnischen Rechtssystem können die Sami, wie alle anderen finnischen Staatsbürger auch, in Streitfragen bezüglich des Landbesitzes die Gerichte anrufen. In Schweden versuchten die Sami z. B. 20 Jahre lang über den Rechtsweg ihre Rechte einzufordern, indem sie den Staat verklagten. Das höchste Gericht entschied letztlich in seinem Urteil, dass die von den Sami erhobenen Ansprüche auf Landbesitz, die sich aus den so genannten Fjell - Steuerdokumenten ableiten lassen, bereits Ende des 18. Jahrhundert im Zuge der Umgestaltung der Gesellschaft ihre Gültigkeit verloren haben. wären.

In ihrem Beschluss von 18.1.2005 hat das Europäische Menschenrechtskomitee zu der Klage der Sami festgestellt, dass die Zugehörigkeit zu einer ethnischen Minderheit nicht die geltende nationale Rechtssprechung vereiteln kann. Alle Menschen, ungeachtet ihrer Herkunft, sind verpflichtet, ihre Eigentumsrechte durch Urkunden zu dokumentieren. Das Europäische Menschenrechtskomitee hat dazu noch festgestellt, dass die Aufsicht dieser Rechte in den finnischen Gerichten nicht immer rechtsmäßig erfüllt worden ist.

Auch das Menschenrechtskomitee der Vereinten Nationen hat in ihrem Beschluss vom 17. März 2005 die Klage von zwei samischen Rentierbesitzern und der Rentierweidegemeinschaft des Muotka-Fjells abgelehnt, die sie im Jahre 2001 eingereicht hatten. In ihr hatten sie auf die Rechte der samischen Urbevölkerung, die Rentierwirtschaft auf traditionell samischer Art zu betreiben, berufen. Der Beschluss des UN-Menschenrechtskomitees stützt sich an den Beschluss des finnischen Obersten Gerichts von 1995, wonach weder der Straßenbau noch der Holzeinschlag die Ausübung der traditionellen samischen Rentierwirtschaft verhindert.

Laut finnischer Gesetzgebung sind die Sámi wie auch alle anderen Bürger des Landes berechtigt, bei Streitfragen in Bezug auf den Grundbesitz die Gerichte anzurufen. Die jüngsten Gerichtsurteile zeigen, dass lediglich schriftlich dokumentierte Beweise relevant sind. Die Gerichtsurteile bestätigen außerdem, dass diejenigen, die ihre Ansprüche am lautstärksten vorbringen, zur Untermauerung ihrer Forderungen keine rechtshistorischen Dokumente vorlegen können. Die Rentier - Sámi zogen größtenteils erst nach 1852 nach Finnland und haben keinerlei alte Besitzrechte auf Gebiete in Inaris historischem Lappendorf. Deshalb haben sie auch keinen Anspruch auf Rückgabe von etwas, das sie in Finnland nie besessen haben. Die von Fischerei und Wald lebenden samischen Familien hingegen konnten zur Unterstützung ihrer Forderungen Dokumente vorlegen, die bis in das 16. Jahrhundert zurückreichen. Ihre Ansprüche wurden deshalb im Rahmen des Flurbereinigungsprozesses und der damit verbundenen Wassergrenzbegehungen gebührend berücksichtigt.

Welche Rechtsfolgen hatten die Grenzschließungen von 1852 und 1889 auf die Rechte der Rentier - Sami?


Die finnischen Sami wanderten seit Generationen über Sommer zur norwegischen Küste, und die norwegischen Samen überwinterten bei Enontekiö in Finnland. Nach vorausgehenden Schwierigkeiten zwischen Norwegen und Finnland wurde die Grenze 1852 geschlossen. Die norwegischen Samen traf die Grenzschließung besonders hart, denn sie verloren ihr gesamtes Winterweidegebiet. Um überleben zu können, siedelten sie ins schwedische Karesuando über, um von dort an die finnische Winterweide in Enontekiö gelangen zu können. Die finnischen Sami zogen im Sommer auch auf schwedisches Gebiet, brauchten aber ihren Winterwohnort nicht zu verlassen. In Karesuando kam es auf Grund des enormen Zuzugs zur Ûberweidung. So überwinterten 1887 noch immer ca. 20.000 Rentiere aus Norwegen dort und die Weide war so schlecht, dass die Enontekiö Sami gezwungen waren, als Einwanderer ins Kirchspiel (Sodankylä) umzusiedeln. Als Einwanderer hatten sie dort keine Ansprüche auf territoriale Rechte. Auch irgendwelche frühere Verbindungen zu dem Gebiet fehlten ihnen.

Im Jahr 1889 wurde dann auch die schwedisch finnische Grenze geschlossen, was zu einer weiteren Verschlechterung der Weidemöglichkeiten führte. Nach der Oktoberrevolution wurde in der Sowjetunion die Rentierwirtschaft verstaatlicht und in kooperativen Einheiten organisiert. Im Jahr 1919 schränkten die Norweger das Sommerweidegebiet für die schwedischen Rentiere so weit ein, das ein großer Teil der samischen Bevölkerung, die nördlich des Torniofluss wohnte, nach Süden ziehen musste. In dem beschriebenen Zeitraum haben sich auch große Verlagerungen der samischen Bevölkerung unter anderen wirtschaftlichen Zwängen ergeben. Die norwegische Küste zog viele Sami an, die mit der Rentierwirtschaft die Rentabilitätsgrenze unterschritten hatten. Aber auch die Entdeckung der großen Erzvorkommen und die technischen Entwicklungen zu deren Nutzung, lockten viele Arbeitsuchenden Sami an. Der durchgreifende Umstrukturierungsprozess der traditionellen samischen Wirtschaftszweige hatte begonnen. Das nächste einschneidende Ereignis war der Zweite Weltkrieg. Viele Samen verloren dadurch ihre ursprünglichen Lebens- und Wirtschaftsräume. Einige blieben dort, den anderen stand der Wiederaufbau bevor. Die Skoltlappen aus dem Petsamo Gebiet wurden ganz umgesiedelt, da ihr Gebiet an die Sowjetunion abgetreten wurde. Die meisten von ihnen wurden am Inari See angesiedelt.

Wenn es um Lappland geht, werden leicht die Rechte der Urbevölkerung in Vordergrund gezogen. Tatsache ist, dass die samische Bevölkerung nie unterdrückt wurde. Als 1974 "das Gesetz zu Rentiergut" (porotilalaki) verabschiedet wurde, bekamen die Sami fast umsonst vom Staat Wohnung/Haus und beinahe 200 Hektar besten Wald zur Verfügung. Mit Hilfe staatlicher Zuschüsse wurden s. g. Skolt-Sami- und Naturalwirtschaftzweige gegründet. Desgleichen hat es sich z. B. in Schweden oder in Norwegen nie gegeben. Leider schweigt man darüber. Die wirtschaftlichen Strukturen der Sami sind fast die gleichen wie die der in Lappland lebenden "nicht - Sami".

Zur Definition des Begriffs 'Sámi'


Im Konflikt um die Landbesitzrechte und die forstwirtschaftliche Tätigkeit im nördlichen Lappland sorgt vor allem die Definition von 'Sámi', wie sie in §3 des 1995 erlassenen finnischen Gesetzes über das Sámi-Parlament (saamelaiskäräjälaki) festgelegt ist, für große Widersprüche. In Absatz 2 dieses Paragraphen versuchte man, aus den Nachkommen der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts aus dem Ausland zugezogenen Rentiersámi anteilsberechtigte Mitglieder der historischen Lappendörfer zu machen, obwohl sie keine Rechtsansprüche geltend machen können und nicht von der alteingesessenen sámischen Bevölkerung abstammen. Mit dieser rechtshistorisch nicht haltbaren Definition versuchte man in den historischen Lappendörfern neue Mitglieder zu etablieren und die alten Mitglieder, die Waldsámi, zu verdrängen. Die gesetzlich festgeschriebene Definition von 'Sámi' hat ein System geschaffen, durch das den Nachkommen der Wald- und Fischer-Sámi entschädigungslos Vermögensvorteile entzogen und auf Personen übertragen werden, die keinerlei Rechtsansprüche auf Gewässer und Ländereien der auf finnischem Gebiet gelegenen historischen Lappendörfer nachweisen können. Die willkürliche Festlegung auf das Jahr 1875 als frühestes zulässiges Belegdatum für den Nachweis der Sámi-Zugehörigkeit, wie sie seinerzeit bei der Beschließung des Gesetzes über das Sámi-Parlament erfolgte, darf nicht zur Entziehung von Vermögensvorteilen führen. Dazu bedarf es entweder einer gerichtlichen Entscheidung oder einer Verfassungsánderung mit der erforderlichen 5/6-Mehrheit. Die geltende Definition von 'Sámi' schließt eine große Anzahl von Nachkommen der Mitglieder der historischen Lappendörfer aus und versucht, ohne rechtlich fundierte Ansprüche eine neue Besitzergruppe zu schaffen, bei der es sich vor allem um Nachkommen der nach 1840 aus Norwegen und Schweden zugezogenen Rentiersámi handelt. Eine solche Einschränkung kann sich jedoch nicht auf historische Rechtsdokumente stützen. Ich persönlich sehe in derartigen Interpretationen nichts, was durch seriöses historisches Beweismaterial abgesichert wäre. Ein Recht, das den Rentier-Sámi niemals weggenommen wurde (weil sie es niemals besaßen), kann ihnen folglich auch nicht wiedergegeben werden. Diejenigen, die am lautesten in dieser Angelegenheit tönen, haben bisher keine rechtshistorischen Dokumente zur Unterstützung ihrer Forderung vorlegen können, denn der Großteil der angesiedelten Sami ist erst nach 1852 nach Finnland gezogen, so dass sie hier keinerlei ältere Besitzansprüche haben können. Im Unterschied dazu haben die Familien der Fischer- und Waldsami zur Unterstützung ihrer Forderung Dokumente vorgelegt, die schon aus dem 16. Jahrhundert stammen. Und ihre Rechte sind in der großen Flurbereinigung (1984) und der damit verbundenen Gewässerbezirksbereinigung (1984) korrekt berücksichtigt worden.