Die wichtigsten Umweltprobleme im Samenland
1. Die Überweidung durch Rentieren
2. Die Klimaveränderung
3. Der saure Regen
4. Die Belastung durch Schwermetalle
5. Der Verkehr
6. Die maschinelle Goldförderung
7. Der Holzeinschlag
Seit langem haben wir in den samischen Gebieten Norwegens, Schwedens und Finnlands zu viele Rentiere, die alle die natürlichen Weiden nutzen. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde damit begonnen, jährlich über 500 000 m3 Wald einzuschlagen. Im Jahre 1970 waren es noch 300 000 m3 und 2004 immerhin noch 150 000 m3. Hinzukommt, dass während und nach dem Zweiten Weltkrieg viele Straßen durch das Samengebiet gebaut wurden, seit 1950 verstärkt, seitdem das Land für den Tourismus erschlossen wurde.
Die Überweidung auf lange Zeit durch den zu großen Rentierbestand hat in einem Teil des Samenlandes einen Desertifizierungsprozess/Devastierungsprozess eingeleitet (Verwüstung, Versteppung, Übernutzung von Böden). Mit dieser Begriffsbildung werden die Beschränkung der Nutzungsmöglichkeiten sowohl für die Agrarproduktion als auch die Rentierhaltung beschrieben (= durch Schädigung des Weidepotentials). Gerade in den Regionen, in denen die Rentierhaltung die Grundlage der Subsistenzwirtschaft bildet, führt eine Degradation der Grasdecken im Weideland zu einem Ernährungsdefizit mit katastrophalen Folgen für die Rentierhaltung, was sich besonders in Dürrejahren auswirkt. Die verminderte Regenerationskraft der Grasdecken und die Einwanderung nicht fressbarer Pflanzen (biologische Invasion ortsfremder Pflanzenarten) spielen dabei eine wichtige Rolle.
Die durch übermäßige Abnutzung/Nutzung des Bodens hervorgerufenen Umweltschäden sind zugleich Langzeitschäden, weil sie einen Verstärkungseffekt auslösen. Dabei entsteht durch den Verlust der Pflanzendecke und mit der Freilegung des Bodes ein Aridifizierungseffekt im Mikroklima, der weitere Folgen hat: die verstärkte Bodenaustrocknung, wodurch die Pflanzendecke wiederum stärker degeneriert, was wiederum die Austrocknung verstärkt. Dieser Selbststärkungseffekt wird umso wirksamer, je weiter der Abnutzungs-Prozess fortgeschritten ist.
Nun ist dieses Umweltproblem der übermäßigen Abnutzung auch deshalb so schwerwiegend, weil die Randgebiete um die Wildkerne der alten Welt sehr alte Kulturzentren sind, wenn wir z.B. an den Nordrand der Waldgrenze und die Randgebiete der Wildnis Nordlapplands denken. In diesen Gebieten haben die Menschen seit 7000 Jahren gesiedelt, haben Wild gejagt und domestiziert und Wildpflanzen zu Kulturpflanzen gemacht. Das hierbei die Verfügbarkeit von Wasser, autochthoner oder allochthoner Herkunft, eine wichtige Rolle spielte, ist sicher. Auch das sind Umweltschäden, die durch rücksichtslose Ausbeutung gekennzeichnet sind, ohne an dieser Stelle auf die Gründe hierfür einzugehen. So kann man feststellen, dass die zumeist extensiven und nicht ökologisch angepassten Nutzungsweisen die Lebensbedingungen in diesen historischen Kulturräumen erheblich verschlechtert haben. Ressourcen und Ressourcennutzung, das heißt auch Natur und Gesellschaft, stehen somit in enger Abhängigkeit zueinander. Man kann die zu übermäßige Abnutzung auch als Schädigung des Kulturgutes begreifen.
Die wirtschaftliche Entwicklung beruht bisher nahezu ausschließlich auf der Erschließung landeseigener Rohstoffe: wichtigster nachwachsender Rohstoff im Samenlands ist Holz. Das Samengebiet ist noch knapp 50% mit Wald bedeckt. Vor allem die großen Kieferholzbestände sind wirtschaftlich bedeutsam.
In den Wäldern auf der Kola-Halbinsel wird jährlich eine große Fläche kahlgeschlagen. Deutschland und England importiert vor allem lappländische Lärchen, Kiefern und Fichten gehen zumeist an Baustellen und Papierfabriken. Die russische Regierung vergibt Konzessionen zum Holzeinschlag vor allem an finnische Firmen, um die Deviseneinnahmen zu erhöhen. Der Holzeinschlag gewann zunehmend politisch Bedeutung, da er überwiegend in den von Minderheiten bewohnten/ kontrollierten Grenzgebieten stattfindet, besonders nach dem Erlass eines Abholzungsverbotes in Norwegen.
Die reichen Bodenschätze des Landes wurden bisher nur zum Teil erschlossen: Besonders in den westlichen und östlichen Gebirgen werden Gold, Kupfer, Nickel, Eis und Edelsteine gewonnen. In den nördlichen Teilen des Landes, am Eismeerstrand und vor den Küsten befinden sich bedeutende Erdöl- und Erdgasvorkommen.
In den 50er Jahren sahen sich die Rentierhalter durch die jetzt stattfindende begleitende Einbindung in Versorgungs- und Vermarktungsnetze veranlasst, eine uralte Lebensform aufzugeben. Durchschnittlich etwa 300-500 Rentiersamen wohnen in modernen eigenen Häusern, die noch um einige kleine Siedlungen errichtet wurden. Zur Modernisierung der Rentierhaltung wurden einige Maßnahmen ergriffen. Die Verringerung der anstrengenden Weidewanderungen nach Frequenz und Distanz und Bereitstellung von Transportmitteln für den Umzug der Lavu brachten Arbeitserleichterungen mit sich. Der Absatz der Produkte ist staatlicherseits ebenso gesichert wie die Bereitstellung benötigter Konsumgüter durch private Handelsorganisation. Außerdem wurde den in der Rentierwirtschaft Beschäftigten ein Lohn bezahlt, was die ehemaligen Nomaden als eine begrüßenswerte Innovation empfanden. Mit dieser technischen, betrieblichen, organisatorischen und auf das Arbeitsverhältnis bezogenen Innovationen war der Nomadismus als "sozio-ökologische Kulturweise" überwunden und eine modernen extensive, aber weiterhin auch auf die saisonalen Wanderungen beruhende "mobile Tierhaltung" aufgebaut.
Die samische Lebensform ist durch die Auflösung der uralten Lebensform und den Zusammenbruch der traditionellen Wirtschaftsform auf ein stark vereinfachtes und reduziertes Niveau abgefallen. Von ehemals in die nationale Ökonomie und die internationalen Märkte der EU eingebundenen Großbetrieben der Tierproduktion sind lediglich kleine Hütegemeinschaften isoliert wirtschaftender Familien übrig geblieben.
Zu viele Rentiere und Rentierbesitzer
Die Probleme mit der Rentierhaltung resultieren weniger aus der forstwirtschaftlichen Nutzung der Ressourcen, sondern vielmehr aus der Rentierwirtschaft selbst: Es gibt ganz einfach zu viele Rentierbesitzer. In den Sami-Gebieten Finnlands gibt es momentan 1107 Rentierhalter, von denen 60% weniger als 50 Rentiere besitzen. Von diesen erzielt man als durchschnittliche Einnahme rund 3500 Euro. Davon kann man aber nicht leben; das bedeutet: Die samischen Rentierbesitzer sind immer häufiger dazu gezwungen, ihren Lebensunterhalt über anderweitige Gelegenheitsverdienste und den Tourismus abzusichern. Ein weiterer, negativer Effekt dieser Zersplitterung des Rentierbesitzes ist der heutige Zustand der Überweidung bzw. der übermäßige Verbrauch der Rentierflechten, ein Zustand, der überall in den Nationalparks im nördlichen Lappland zu beobachten ist.
Wer hat Landbesitzrecht?
Nach der heutigen Rechtslage sind die Samen nicht die Eigentümer ihres Landes, obwohl in jüngster Zeit diese Rechtsfrage wieder kontrovers diskutiert wird, sondern sie üben in bestimmten Arealen nur weitgehende Nutzungsrechte aus. Diese Areale waren früher mit Grenzsteinen gekennzeichnet und konnten unter den Samen verkauft, vererbt oder verschenkt werden. Es gab deswegen erhebliche Konsequenzen, als die Grenzen Norwegens, Schwedens und Finnlands geschlossen wurden. Dieser Verwaltungsakt unterbrach zum Beispiel die jahrhundertealten Wanderwege der finnischen und schwedischen Berg-Samen an die Eismeerküste. Einige Familien lösten das Problem, indem sie stattdessen in die östlichen Waldgebiete Finnlands zogen und sich den dortigen Lebensbedingungen anpassten.
Das finnische Parlament hat sowohl mit der Verabschiedung des Gesetzes zum Sami-Parlament (1996) als auch mit einer entsprechenden Ergänzung im Grundgesetz, in keinerlei Art und Weise zu Fragen des Landrechts Stellung genommen, da Streitfragen bezüglich des Landrechts im finnischen Rechtssystem in der Regel nur von Gerichten entschieden werden. Die Anerkennung der Sami als Urbevölkerung Finnlands entscheidet auch nicht über Fragen, inwieweit andere Bevölkerungsgruppen Rechte haben oder ihnen diese zustehen. Die Einhaltung des ILO-Vertrags setzt nicht voraus, dass andersartige Landnutzungen auch von Dritten ausgeschlossen sind. Dessen ungeachtet sichert die aktuelle Gesetzgebung den Sami schon jetzt vielfältige Erwerbstätigkeitsrechte zu, sowohl auf den traditionell samischen als auch auf den staatlichen Ländereien.
Gemäß dem finnischen Rechtssystem können die Sami, wie alle anderen finnischen Staatsbürger auch, in Streitfragen bezüglich des Landbesitzes die Gerichte anrufen. In Schweden versuchten die Sami z. B. 20 Jahre lang über den Rechtsweg ihre Rechte einzufordern, indem sie den Staat verklagten. Das höchste Gericht entschied letztlich in seinem Urteil, dass die von den Sami erhobenen Ansprüche auf Landbesitz, die sich aus den so genannten Fjell-Steuerdokumenten ableiten lassen, bereits Ende des 18.Jahrhundert im Zuge der Umgestaltung der Gesellschaft ihre Geltung erloschen wären.
Diejenigen, die am lautesten in dieser Angelegenheit tönen, haben bisher keine rechtshistorischen Dokumente zur Unterstützung ihrer Forderung vorlegen können, denn der Großteil der Rentier-Sami ist erst nach 1852 nach Finnland gezogen, so dass sie hier keinerlei ältere Besitzansprüche haben können. Im Unterschied dazu haben die Familien der Fischer- und Wald-Sami zur Unterstützung ihrer Forderung Dokumente vorgelegt, die schon aus dem 16.Jahrhundert stammen. Und ihre Rechte sind in der großen Flurbereinigung (1984) und der damit verbundenen Gewässerbezirksbereinigung (1984) korrekt berücksichtigt worden.
Die Möglichkeiten der Samen, ihre Sprache und Kultur in Finnland aufrechtzuerhalten, sind durch ihre undefinierte verwaltungsmäßige Position und durch die nicht vorhandenen Gesetze geschwächt. In der gegenwärtigen Situation sind die Rechte der Samen als Ureinwohner nicht in dem Maße verwirklicht worden, wie sie in den internationalen Menschenrechtsverträgen definiert werden. Um die Situation zu verbessern, hat das finnische Parlament im Jahre 1993 beschlossen, dass das ausreichende Niveau der samischen Sprache und Kultur aufgrund einer Kulturautonomie zu sichern sei. In 1995 hatte das finnische Parlament einem Vorschlag der finnischen Regierung zu einem neuen Gesetz zugestimmt. Dies soll den Samen die Pflege und die Entwicklung ihrer Sprache und Kultur garantieren.
Außerdem wurde dem Grundgesetz eine Ergänzung hinzugefügt, der zufolge die Samen in ihrer samischen Heimat selbst über die Angelegenheiten bestimmen, die ihre Sprache und Kultur betreffen. Als Selbstverwaltungsorgan der Samen sollte die samische Vertretung "Sami Parlamenta" arbeiten, die vorerst jedoch über keine bedeutende Entscheidungsgewalt verfügen würde. Das neue Selbstverwaltungsgesetz schafft den finnischen Samen trotzdem zum ersten Mal den Rahmen, die Mittel zur Förderung ihrer Sprache und Kultur zu wählen. Das neue Gesetz verpflichtet auch die Beamten, über alle die Samen betreffenden Angelegenheiten zu diskutieren. Das Nichtvorhandensein einer solchen Verpflichtung empfanden die Samen früher als einen erheblichen Mangel.
Änderung der Lebensform
Früher fehlende Vermarktungs- und Versorgungstrukturen hatten zur Herausbildung einer Tauschwirtschaft geführt, mit Rentieren als Haupttauschobjekt. Die saisonalen Wanderungen auf Weideplätze mit unterschiedlichen Höhenlagen und Exposition - Voraussetzung für eine gedeihliche Entwicklung der Tiere - waren bereits unter der alten Lebensform eingeschränkt worden.
Auf der Grundlage der verschiedenen hohen, z.T. verheimlichten alten privaten Rentierbestände haben sich die familiären Bestände bereits differenziert. Waren im Jahr 1955 noch zwanzig Rekordhalter mit über 1000 Rentieren bekannt, waren es Ende 2000 nur noch fünf samische Familien, die über 1000 Stück besitzen. Das ist ein Resultat der familiären Aufteilung des Rentiereigentums. Wir haben heutzutage dreimal mehr Rentierzüchter als im Jahre 1955, jedoch mit kleinerer Stückzahl. 82% der samischen Rentierhalter erreichen die als wirtschaftlich notwendig erachtete Mindestzahl von 80 Tieren nicht; eine Verarmung erscheint unausweichlich. Sie müssen versuchen, bei reicheren Tierhaltern als Kontrakteure unterzukommen.
Veränderungen in den kommunalen Siedlungs- und Versorgungssystemen
Ein tiefgreifender Wandel hat sich auch in der kommunalen Infrastruktur und den von ihr bereitgestellten Dienstleistungen vollzogen. Die im Kommunalsystem garantierte Grundversorgung der Bevölkerung ist in weiten Teilen nicht mehr existent, da aufgrund leerer öffentlicher Kassen die sozialen und technischen Einrichtungen nicht mehr vorgehalten werden können. Viele Schulgebäude und Wohnhäuser stehen leer und verfallen. Die ehemaligen Siedlungen, die als Sammel- und Versorgungspunkte der alten Lebensform dienten, sind fast vollständig aufgelassen. Die aus den ortfesten Siedlungen Abgewanderten sind zum größten Teil als "neue Nomaden" mobil geworden sind, so ist es zu einer Verringerung der Sesshaftigkeit gekommen.
Ein funktionierendes Verkehrs- und Transportwesen kommt bei der Weite des Landes ein besonderer Stellenwert zu. Der Bestand an Kraftfahrzeugen ist jedoch überaltert und unzureichend. Schwierige Ersatzteilbeschaffung, hohe Kosten für Kfz sowie fehlende Koordination schränken das Transportwesen ein. Eine steigende Anzahl von Tierhaltern hat daher begonnen, sich für Vermarktung, Versorgung und Transport der Lavu eigenen Fahrzeuge (Traktoren, Motorschlitten, Jeeps und v.a. Motorräder) anzuschaffen. Andererseits sehen sich ökonomisch schwächere Familien gezwungen, auch auf traditionelle Formen des Transports zurückzugreifen.
Das früher reichhaltige, regelmäßige kommunale und staatliche Kulturangebot (Post- und Zeitungszustellung, Kino, Konzerte, Gesang-, Tanz- und Artistenvorführung etc.), das teilweise bis auf die unterste Verwaltungsebenen hinunterreichte, ist heute nur noch in Relikten vorhanden. Jetzt stellt das Sámi-Radio für viele Tierhalter die wichtigste Verbindung zur Außenwelt dar.
Besonders schwerwiegende Folgen für die mobile Tierhaltung hatte der Zusammenbruch der durch die frühere, alte Lebensform sichergestellten materiellen Versorgung mit Grundnahrungsmitteln (Mehl, Reis, Tee, Zucker etc.) und anderen Gütern des täglichen Bedarfs (Kleidung, Haushaltsgeräte etc.) sowie die Vermarktung der viehwirtschaftlichen Erzeugnisse (Fälle, Häute, Fleisch, Geweih etc.). Der Zwang zu Selbstversorgung und Selbstvermarktung brachte die Rentierhalter in ein starkes Abhängigkeitsverhältnis von privaten Händlern.
Soziale Folgen der Modernisierung
Auch wenn viele Samen die Annehmlichkeiten der europäisch-amerikanischen Zivilisation durchaus zu schätzen wissen, bleibt diese ihnen doch fremd. Anderseits haben sie den Kontakt zur Jäger- und Sammler-Kultur ihrer Vorfahren verloren, indem sie sich an die moderne Zivilisation angepasst haben. Aus ihrer alten Kultur versuchen sie zu bewahren, was sinnvoll ist. Das kann in der modernen Umgebung zu ungewöhnlichen Phänomen führen: wie z. B. Rentierschlitten im Straßenverkehr größer Ortschaften, da die Samen jetzt in größerer Gemeinschaft leben und im Winter der samische Rentierschlitten nach wie vor das ideale und oft einzige Fortbewegungsmittel ist. Für andere ist der Kontrast zwischen der Jäger-, Fischer- und Nomadenkultur der Samen und der westlichen Zivilisation in Lebensweise und Wertvorstellungen so groß, dass viele Samen daran zu zerbrechen drohen.
Chancen für die Umwelt in der Zukunft
Überhaupt ist die internationale Zusammenarbeit bei der Lösung der regionalen Probleme ein wichtiger Schlüssel. Hoffnungsvolle Ansätze gibt es derzeit im Bereich der Einrichtung und des Managements von Naturschutzgebieten (z.B. des Pasvik-Nationalparks an der russisch-norwegischen Grenze, und Lemmenjoki-Övre-Anarjok Nationalpark an der finnisch-norwegischen Grenze), der wissenschaftlichen Umweltforschung z.B. zwischen dem Arktischen Zentrum der Universität von Lappland in Rovaniemi und dem Kola Wissenschaftszentrum der Russischen Akademien der Wissenschaften in Apatity sowie der Informationskooperation von Non-Goverment-Organisations (NGOs).
Es bleibt allerdings abschließend festzustellen, dass vermutlich ohne eine weitgehende und partnerschaftliche ökonomische und politische Einbindung der Kola-Halbinsel in die Strukturen Nord- und Gesamt-Europas eine Lösung bzw. Milderung der ökologischen Probleme der Region nicht möglich ist.
Was ist das größte Umweltrisiko?
Das größte Umweltrisiko ist die Rentierüberweidung. Die beste Medizin wäre die Zahl der Rentiere um 30% zu verringern. Ein anderes großes Umweltrisiko Lapplands schlummert indes noch im Verborgenen: Erwärmt sich das Klima weiter so rasant, könnte der Permafrostboden bis in große Tiefen auftauen - und gewaltige Mengen der Treibhausgase Methan und Kohlendioxid freigesetzt werden, die dort gespeichert sind. Die Gase wurden von anaeroben Archaeen - uralten Mikroorganismen - durch Abbau organischer Substanzen gebildet, die das Sumpfmaterial über viele Jahrhunderte hinweg besiedelt haben. Werden diese Gase freigesetzt, würde sich die Erdatmosphäre weiter aufheizen.
Die Dimension dieses Problems ist vorläufig schwer abzuschätzen. Viele Forscher vermuten: Erhöht sich die Durchschnittstemperatur in der Tundra weiterhin, würden die oberen Meter Permafrost auftauen, und der CO2 -Anteil in der Atmosphäre so stark zunehmen, dass die im Kyoto-Protokoll geplanten Einsparungen wieder zunichte gemacht würden.
Zusammenfassung
Hierzu zählen aber natürlicherweise auftretende und durch den Menschen jedoch deutlich vervielfachte und verstärkte Brandereignisse, infolge deren der Nutzungskonflikt zwischen Weideland (in Inari gibt es 1.700 000 Hektar Fläche) und Forstwirtschaft wächst. Zum anderen häufen sich in den letzten Jahren Brände im Gefolge des Massentourismus. Die alten Kahlschläge und Brandflächen sind heutzutage die besten Rentierweiden. Gerade von diesem vor allem für die Waldgrenze Ökonomien immer wichtiger Erwerbzweig sind weitere ökologische Problemkreise in zunehmendem Maß betroffen. Überweidung in allen Gebieten (über 31 000 km2) und die Ausbreitung der Siedlungen haben die Probleme noch verschärft. Durch die Abholzung der Wälder und Zerstörung der Sekundärvegetation durch Rentierverbiss wurde der oberirdische Abfluss beschleunigt.
Im finnischen Samengebiet bestand ein funktionierendes System von Rentierweide- und Nutzungsrechten an Eigentum, das zugleich die Erhaltung der großen Waldbereiche in dem Gebiet garantierte. Die Diskussion einer ökologisch vertretbaren und nachhaltigen Entwicklung kreiste ausschließlich um die Erhaltung der Biodiversität. Der menschliche Einfluss mit Rentieren hat tiefgreifende Veränderungen überall in der Vegetationsdecke hervorgerufen. Anstelle lasst er nur mehr Kultur- und Naturnachfolger wie Rentiermoose oder die Birkenblatt zu. Da der Zustand der Vegetation eng mit dem Ausmaß der Beweidung verknüpft ist, sind Daten über die Beweidung, ihre Quantifizierung und das Weidepotential notwendig. Die Rentierhaltung hat weite Flächen überall überformt. Nachhaltige Wirkungen zeigt der stark angewachsene menschliche Einfluss heute bereits in den klimatischen Veränderungen. Die Überreste einer natürlichen Vegetationsdecke belegen, dass die Vernichtung der wassersammelnden und -speichernden Wälder dort zu der heutigen Wasserverknappung geführt hat. Weite Flächen werden heute von Weidegründen eingenommen. Die aktuell noch vorhandenen Rentiermoose wurden großräumig vernichtet. Von 1981 bis 1993 waren die ökologischen Folgen für Weidewirtschaft, für Hydrologie und Boden nach den eigenen Beobachtungen bereits katastrophal.
Betrachten Sie folgendes Bild:
Die Erosion bzw. der Bodenverlust ist beträchtlich und wird sich hier wie anderorts nur unter großen Anstrengungen als reversibel erweisen. Eine qualitative und quantitative Untersuchung der Pflanzenformationen kann aufzeigen, welche indigenen Arten standortgerecht und welche Standorte für zukünftige Aufforstungen geeignet sind, damit eine langfristige Sicherung der hydrologischen Verhältnisse eintritt.
Schon die starke Zunehme von Desertifikationsprozessen weist darauf hin, dass hieran ganz verschiedene Bevölkerungsgruppen aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten beteiligt sind. Die Nutzung der natürlichen Weidepotentiale steht daher in sehr unterschiedlicher Weise in direktem oder indirektem Verhältnis zum Weidepotential. Dies betrifft sowohl die traditionellen als auch die modern-industriellen sozio-ökonomischen Gruppen. Es ist klar, dass auch die Einstellung zur Natur und den Ressourcen recht unterschiedlich ist oder sein kann. Die traditionelle Gesellschaft der Samen hat ohne die externen Einflüsse der Nachkriegszeit und mit dem wachsenden Bevölkerungsdruck eine Wandlung in der Einstellung zur Nutzung des natürlichen Weidepotentials durchgemacht, wobei ökologische Gesichtspunkte in den Hintergrund traten. Eine schwerwiegende Folge bei fortschreitender Überweidung durch Rentiere in Desertifikationsgebieten ist die Abwanderung der Bevölkerung in kommunale, urbane Zentren, sei es von arbeitsfähigen Einzelpersonen oder von ganzen Familien.
Anders sind die Reaktionen in den Gesellschaften, in denen die Landnutzung mit Rentiere nicht mehr zu der existenziellen Sicherung des Lebens gehört. Hier ist oft die Technik zur Steigerung der Fleischproduktion auslösender Faktor für die Desertifikation. In der Rentierhaltung ist tierischer Überbesatz für die Ausbeutung des Weidelandes mit Degradierungserscheinungen verantwortlich.
Alle Maßnahmen zur Bekämpfung der Desertifikation setzen genaue Kenntnisse über die regionale und lokale Ausdehnung, den Grad und die Art sowie die Kenntnis der Ursachen der Degradationprozesse voraus.
Die Beilage
Nahezu die Hälfte aller Wälder im Inari-Gebiet ist geschützt. Für die Artenvielfalt in der Natur ist dort also ausreichend gesorgt. Die naturnahe Lebensweise, die manche glauben verteidigen zu müssen, existiert in der Realität nicht, sondern ist eine romantische Projektion. Die Vorstellung von den unter Naturbedingungen lebenden Sámi stammt aus der Zeit vor der Einführung des Motorschlittens, der Parasitenbekämpfung und der Zusatzfütterung. Heute werden jährlich Millionen Kilo Heu und Zusatzfutter mit Lastwagen und Motorschlitten in die Wildnis gekarrt. Die alte sámische Lebensweise gibt es in Nord-Lappland schon lange nicht mehr. Lappland ist nicht der Amazonas, und am Lagerfeuer sitzt man dort nur noch unter touristischem Vorzeichen.
Der Holzeinschlag

Seit langem haben wir in den samischen Gebieten Norwegens, Schwedens und Finnlands zu viele Rentiere, die alle die natürlichen Weiden nutzen. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde damit begonnen, jährlich über 500 000 m3 Wald einzuschlagen. Im Jahre 1970 waren es noch 300 000 m3 und 2004 immerhin noch 150 000 m3. Hinzukommt, dass während und nach dem Zweiten Weltkrieg viele Straßen durch das Samengebiet gebaut wurden, seit 1950 verstärkt, seitdem das Land für den Tourismus erschlossen wurde.
Modernisierung

Zwei große und aufregende Ereigniße prägen den Jahresablauf des Rentierzüchters: das Markieren der neugeborenen Kälber im Frühsommer, und das Schlachten im Spätherbst oder im Winter. Das Zusammentreiben der Tiere im Herbst wird im Inari-Gebiet meistens mit Motorrädern, Motorschlitten und Hubschraubern bewerkstelligt! Wenn einem einsamen Wanderer beim gemächlichen Gang durch die Wälder von Inari plötzlich ein Trupp verwegener Sámiburschen mit Laßo und Meßer am Gürtel auf schweren Honda-Maschinen entgegenbraust (im gefrorenen Boden sinken die Maschinen nicht ein), braucht er nicht um sein Leben zu bangen und sich nicht erschreckt in die Büsche zu schlagen. Es sind nur Rentiertreiber bei ihrer Arbeit. Vor der Epoche der Motorisierung nutzen die Sámi das Rentier als Last- und Zugtier. Mithilfe des Rentierschlittens erfolgte auch das Zusammentreiben der Herden im Winter. Anfang der 60er Jahre wurden Motorschlitten und geländegängige Motorräder zu unentbehrlichen Hilfsmitteln des Rentierzüchters. Quads und Helikopter hielten Mitte der 80er Jahre Einzug im Rentierzuchtgebiet. Überall rasen Skidoos, Ockelbos, Yamahas und sonstige Motorschlitten durch die Weiten Lapplands, wenn die Tiere im Winter zusammen getrieben werden. Man mag über die laute Technik jammern und den Verlust der Romantik beklagen - für die Sámi bringt sie enorme Erleichterungen. Was früher an die zwei Monate dauerte, wird heute in zwei bis drei Tagen über die Bühne gebracht.