Gedanken zu der aktuellen Geschichtsforschung über die Samen in Lappland

Wie sollte der lappländische Bodenbesitz verwaltet werden? Dies scheint heute ein heikles Thema in Nord-Lappland zu sein. Gegenwärtig verwaltet der finnische Staat das Land im Samigebiet bis zu 95 %. Die Samen werden als Urbevölkerung Nordskandinaviens anerkannt. In der Wißenschaft ist man sich größtenteils darüber einig, daß die Samen/Lappen zuerst die nördlichen Landesteile besiedelt haben und später durch Finnland von ihrem Land verdrängt wurden. Stehen nun deshalb heute den Samen Sonderrechte auf Land und Waßer gegenüber den Finnen zu? Sollte man ihnen das Land zurückgeben? Und wenn ja, wie? Gibt es andere Lösungen? Wir werden sehen, daß diese Fragen - so eindeutig die Rechtslage zu sein scheint - doch nicht so einfach zu beantworten, -geschweige umzusetzen, sind.

Neue Forschungen bringen ganz neue Perspektive mit sich

(Matti Enbuske 2008)

Die Diskußionen konsentrierten sich zunächst auf den Fragen, welchen Anteil gerichtliche Faktoren an der Dynamik und am Scheitern der Kolonisation hatten, welche Rolle die sozialen Fragen in der Politik spielten oder welchen Stellenwert an der Sache die Probleme der nationalen Einheit und Freiheit hatten.

Wie verhielt es sich mit den Fragen des Grundeigentums? Enbuske wirft zuerst einen Blick auf den historischen Hintergrund der Landrechtsfrage. Um die gegenwärtige Auseinandersetzung zu verstehen, sollte man wißen, daß das Rechtsverständnis über die Eigentumsfrage bis vor wenigen Jahren ganz anders außah als heute.

Lappland wird seit über 10 000 Jahren bewohnt. Es besteht (trotz einiger Unsicherheiten) Einigkeit unter Historikern und Archäologen, daß die Samen ihre Geschichte mit der Region als allererste verknüpfen können. Diese sei in Finnland mindestens 2000 Jahre alt Geschichte. Es sei nicht zufällig, daß das Gebiet Lappland genannt wird - es bedeutet schließlich "Land der Samen oder Lappen." Enbuske wies in einer Diskußion darauf hin, daß er es für richtig hielte, die Rolle des Staates (u.a. Schweden und Dänemark) wirtschaftlich stärker zu betonen, als North es getan hätte. Landes problematisierte die Bedeutung der Größe des Staates (Schweden, Dänemark, Norwegen und Rußland) für den Schutz der Besitzrechte und versuchte darauf ein neues Modell aufzubauen für Staat Besitzsrechte über Land und da durch auch die Samen?. Enbuske betont auch, daß der Begriff Landbesitzrecht für alle Zeiten ein Schlüßelbegriff sein könnte; in ihm liege notwendige Verbindung für staatliche Politik in der Geschichte, besonders seit dem 1542, als König Gustav I Vasa bekanntmachte, daß alle Ländereien, die außer der Dörfer lagen, dem Staat gehörten. Dieser Beschluß brachte die größte Veränderung in der samischen Geschichte mit sich.

Enbuske hat rausgefunden, daß der König im schwedischen Staatsgebiet machtvoller und intensiver geherrscht hat als es in der älteren Geschichtsforschung bekannt war. Danach weiß man, daß die richtige Urbevölkerung von Lappland erhebliche Rechte über das Land hatte.

Der Stamm in Schweden war sowohl ein ethnischer wie ein Landschaftsverband und die ältesten Stammesrechte waren Komplikation des Königsrechts für ein bestimmtes Gebiet. Diese (mihin tutkimuksiin Enbuskes Forschungen haben auch gezeigt, daß trotzt der für Groß-Schweden typischen Zersplitterung der Territorien wie der Herrschaft der strukturelle Unterschied zwischen Dänemark und Rußland einerseits, Finnland andererseits gar nicht so groß ist. Die Einwohner der lappischen Dörfer hatten ein besonderes Landbesitzrecht zwischen der Zeit 1600-1700er Jahre.

Der Ursprung und die frühen Phasen des samischen Volkes liegen zum großen Teil heute noch im Dunkeln. Man weiß, daß die samische Sprache aus dem Uralischen stammt und zur finno-ugrischen Sprachgruppe gehört. Man vermutet, daß sich die Ursamen und die Urfinnen nach und nach aus einer finnisch-samischen Urbevölkerung heraus entwickelt haben. Diese bewohnten die Küstengebiete des Finnischen Meerbusens und das Binnenland zumindest noch im Jahre 2000 v.Chr. Ein neuer Bewölkerungßtrom hat dann im Laufe der Jahrhunderte die Gewerbeformen und die Sprachverhältniße der Bewohner des südlichsten und südwestlichsten Finnlands verändert.

Allmählich entstand eine Kulturgrenze zwischen den sich von diversem Fanggewerbe ernährenden Ursamen des Nordens und den weiter im Süden lebenden Urfinnen, die sich primitive Landwirtschaftsformen zueigen gemacht hatten. Die Verbreitung der Landwirtschaftskultur nach Norden bedeutete eine Verschärfung der Kulturgrenze und führte schließlich dazu, daß die recht weit auseinander geratenen finnischen und samischen Sprach- und Kulturverwandten zu nahen Nachbarn wurden. In diesem Zusammenhang hat man viel über die Anpaßung der Samen gesprochen. Im Grunde hat es sich um eine Veränderung der samischen Lebensweisen gehandelt. Die alte Lebensweise wurde durch die finnische Lebensform mit den dazugehörenden Rechtsvorstellungen ersetzt. Die Naturreichtümer bewahrende samische Lebensweise verschwand allmählich.

Daß die Samen später Einwohner von vier Staaten wurden und sich auf den heutigen Gebieten niederließen, ist eine im Verhältnis zu der mehrtausendjährigen Vergangenheit des Volkes junge Erscheinung. Bis zum Jahre 1751 waren die Samen eindeutig noch keinem Staat untertänig.

Die erste radikale Veränderung der Eigentumsverhältniße in dem Samengebiet erfolgte etwa ein Jahrzehnt nach der Gründung der Finnischen Republik im Jahr 1917. Zu der eigentlichen Unabhängigkeit kam es durch die politische Bindung an Finnland. Die wirtschaftliche und soziale Desintegration dauerte über drei Jahrzehnte. In dieser Zeit wurde im Samigebiet lediglich eine politisch-administrative Neuorganisation erreicht. Die notwendigen wirtschaftlichen änderungen wurden dagegen nur teilweise vollbracht. Nach dem Swedisch - Rußischen Krieg (1809) beschafften viele Samen ihr eigenes Land. Das lag vor allem daran, daß auf der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Ebene ein komplexer Sturkturaufbau stattgefunden hatte. Die alte Lebensweise der Samibevölkerung (davon waren ca. 4 % Nomaden) wandelte sich langsam zu einer modernen marktwirtschaftlichen Lebensweise. In den 80er Jahren traten die Rentierhalter sog. Paliskuntas bei. Dazu wurden sie ermutigt durch eine Einbindung in die allgemeinen Versorgungs- und Wirtschaftßtrukturen.

Bis Ende 1939 waren über 90 % der Tierhalter Mitglieder der Paliskunta Organisation geworden. In der neuen Geschichtßchreibung von Lappland werden folgende Daten wißenschaftlich festgehalten:

- frühe Zeugniße

- Ortsnamen

- Siedlungs- und Flurformen

- Gebietsentwicklung

- Grund-, Leib- und Gerichtsherrschaft

- Kirchenherrschaft

- alter Dorfgericht

- Magistratsverfaßung

- Leihrecht und Formen der Genoßenschaft

- Rechtsbräuche

- Wirtschaftszweige

- Verkehrsbedingungen

- Bevölkerungs- und Besitzstrukturen

- Klein- und Großherrschaft

- Integration in die nordischen Staaten und deren Wirtschaftßysteme.

Zusammenfaßung



Eindeutig nützlich für die Geschichtsforschung erscheint/en

1) die Fakten, die in einer überschaubaren geschichtlicher Folge dargelegt werden

2) die Rekonstruktion älterer und ältester Herrschaftstrukturen, Amt -und Gerischtsprengel, also die rechtgeschichtliche Analyse der Zeitwandel

3) die Ermittlung grundherrschaftlicher und kirchlicher Organisationen mit ihren wechselseitigen Beziehungen

4) das Aufzeigen und Entdecken herrschaftlicher Entwicklungsmodelle

5) die Erforschung der Anfänge der Landesherrschaft und der Elemente der Landeshoheit

6) die Analyse über die Zentralfunktionen des Staates

7) das Aufzeigen der Trennung von Justiz, Verwaltung, Kameralfunktionen, der gerichtlicher Arrondierung? und Zentralisierung

Enbuskes Forschung liefert wertvolle Bausteine zur neuen vergleichenden Geschichtsforschung über Lappland aus der Perspektive seiner Entstehung, sei es im Hinblick auf den Staat, auf die Gesellschaft oder auf die Wirtschaft.

Wie schon angedeutet, ist der der neuen lappländischen Gesichtsforschung für die vergleichende Landesgechichte, allgemeine Staat, Gesellschafts-, Wirtschaftgeschichte zum Teil grundlegend oder umstürzend gewesen. Enbuske liefert Bausteine, Vergleichsmaterial und Diskußionsgrundlage für eine moderne, revidierte oder erneuerte mittelalterlich-neuzeitliche Reichs -und Territorialgeschichte unter den besonderen Aspekten der Entstehung.

Im Lichte der neuen Forschung kann man die lappländische Geschichte als Herrschafts- und Gesellschaftsgeschichte betrachten. Die spätmittelalterlich-neuzeitliche Reichs und Territorialgeschichte gewinnt konkrete und überprüfte Einsichten in die Territorienbildung, Landeshoheit, Standeswesen, in die Raumordnung auf den Lappland der Verfaßung ?, Verwaltung, des Landbesitzrechts Entwicklung, des Recht verschiedene Nutzungsform des Landes, der Wirtschaft, der Agrarenentwicklung, der Staatsgeschichte, der Kulturgeographie.